Laue Sommerabende, kaltes Bier und ein gut gewürztes Steak auf der heißen Glut- wer kann sich Schöneres vorstellen? Dieser Film dreht sich nicht um das Grillgut auf dem Grill, sondern um die Kohle, die ihn zum Glühen bringt: 243.000 Tonnen Grillkohle importiert Deutschland jährlich; Tendenz steigend. Denn Grillen ist hip. Mit 59.000 Tonnen ist Polen der Hauptlieferant für Deutschland, Nigeria folgt mit 31.816 Tonnen. Insgesamt stammen 40 Prozent des europäischen Gesamtverbrauchs von Holzkohle aus afrikanischen Ländern. Ein Großteil davon aus zweifelhaften, oft illegalen Strukturen, die damit viel Geld verdienen. Denn die Einnahmen aus illegalem Holzkohleexport übersteigen in Ost,- West,- und Zentralafrika mit über US$ 7,4 Billionen um fast das Dreifache den Wert von illegalem Drogenhandel.
Weltweit kochen und heizen zudem 2,7 Milliarden Menschen mit Holz beziehungsweise Holzkohle. Der Ausstoß von Klimagasen ist dabei enorm. Pro Jahr werden 55 Prozent des globalen Holzes als Brennstoff verwendet. Besonders während trockener Perioden nutzen die lokalen Bauern die Kohleproduktion als Rettungsanker, um ihre Familien zu ernähren. Holzkohlenomaden ziehen in Familienverbänden durchs Land und verkohlen alle Bäume, die sie fällen können. Um eine Tonne Grillkohle herzustellen, werden in effizienten Meilern drei Tonnen Holz benötigt. In den selbstgebauten Erdmeilern der nigerianischen Köhler sind es bis zu zwölf Tonnen. Die Auswirkungen sind enorm. Allein Nigeria – das Holzkohle fast ausschließlich für den Export herstellt, weil im Land viel mit Kerosin gekocht wird – verlor in der Zeit von 1990 bis 2005 36 Prozent seiner Wälder. Zurzeit sind noch zwölf Prozent des Landes mit Wald bedeckt – doch die Kohleproduktion zieht weiter an. 350 000 Hektar fruchtbares Land gehen hier jährlich verloren. Laut UN ist die Kohleproduktion eine der Hauptursachen für die Entwaldung Afrikas und – eng damit verbunden – für die massive Verschlechterung der Bodenqualität und das steigende Risiko von Ernteausfällen. Denn die Bäume sorgen für ein feuchteres Mikroklima, sie halten das Wasser. Durch den Verlust der Bäume fehlt dem Boden der Halt, und die fruchtbare Humusschicht wird bei Starkregen einfach weggespült.
Die Recherchen für dieses Vorhaben wurde durch ein Stipendium der gemeinnützigen Olin gGmbH unterstützt und von der Journalistenvereinigung netzwerk recherche betreut.
Erstveröffentlichung: Mi., 15.11.2017, 20:15, 3Sat
Die Reportage ist in der Mediathek verfügbar.